Geochronos – Als Bingen noch in den Tropen lag

Stöbern Sie im Geochronos, der interaktiven Glaswand, zu 600 Millionen Jahren bewegter Erd- und Landschaftsgeschichte. Folgen Sie dem Wandel der Kontinente und der Landschaft am Rhein.

Der Geochronos führt anschaulich die geologische Entwicklung des Mittelrheintales im Zeitraffer vor Augen:


Standbild 600 Millionen Jahre vor heute

Vor 600 Millionen Jahren

Die ältesten Gesteine in Rheinland-Pfalz sind etwa 600 Mio Jahre alt. Damals lag das Gebiet von Rheinland-Pfalz auf unterschiedlichen Kontinenten auf der Südhalbkugel.
Dem Weg nach Norden in ihre heutige Position und ihrer späteren Vereinigung ging in den folgenden Jahrmillionen ein Umweg über die südlich Polregion voraus. Wegen der noch fehlenden Ozonschicht war Leben nur in den Ozeanen möglich und beschränkte sich auf Algen- und Bakterien.


Standbild 420 Millionen Jahre vor heute

Vor 420 Millionen Jahren

Im nördlichen Teil des Devonmeeres wurden bis 10 km mächtige Ablagerungen aus Sand und Schlamm von den Kontinenten gebildet.
Aus ihnen bilden sich später unter anderem die Gesteine von Hunsrück und Taunus.
Mittlerweile hatte sich das Lebens in den Ozeanen explosionsartig vermehrt. Es gab bereits Fische und erste Landlebewesen tauchten auf.

  

Vielfältiges Leben im Meer

Vor 420 Millionen JahrenDas bei Bingen beginnende Mittelrheintal besteht überwiegend aus Gesteinen, die sich aus den Ablagerungen des Devonmeeres bildeten. Während diese im Rheintal selbst arm an Fossilien sind, vermitteln Funde in Gesteinen aus der näheren Umgebung ein eindrucksvolles Bild vom artenreichen Leben in den Meeren vor etwa 400 Millionen Jahren.
An zahlreichen Orten im Rheinischen Schiefergebirge ist in tonigen, küstenferner gebildeten Ablagerungen die Tier- und Pflanzenwelt des Devonmeeres in zum Teil einzigartigem Zustand erhalten. Die Fossilien aus der Fundstätte Bundenbach (Hunsrück) sind weltberühmt. Panzerfische, Panzerkrebse, Trilobiten, Schlangensterne und Seelilien sind im Bundenbacher Schiefer bis ins kleinste Detail abgebildet.

Pioniere gehen an Land

Vor 420 Millionen JahrenDie Gesteine des Mittelrheintals bestehen überwiegend aus Sand, Schluff und Ton, der von nahe gelegenen Kontinenten in unvorstellbaren Mengen ins Meer gespült und dort am Meeresgrund abgelagert worden war. Während im Meer der Devonzeit bereits hoch entwickelte Tiere und Pflanzen lebten, war das Festland noch nahezu unbesiedelt. Das Gestein der Kontinente war daher ohne Schutz von Vegetation Regen und Wind ausgesetzt.
Erst nachdem sich die Atmosphäre mit Sauerstoff aus der Fotosynthese der im Meer lebenden Pflanzen angereichert hatte, bildete sich eine die UV-Strahlung der Sonne abschirmenden Ozonschicht. Unter ihrem Schutz wurde das Leben außerhalb des Meeres möglich. Die ersten Lebewesen auf den Kontinenten waren Algen, die sich in Seen ausbreiteten. Vor etwa 440 Mio. Jahren begannen wahrscheinlich Flechten als Pioniere mit der Besiedlung des Festlandes.


Standbild 340 Millionen Jahre vor heute

Vor 340 Millionen Jahren

Durch die aufeinander zuwandernden Kontinentblöcke wurden die Ablagerungen im Devonmeer zusammengepresst, übereinandergeschoben, verfaltet und geschiefert (Variskische Gebirgs-Faltung).
Rheinland-Pfalz wuchs zusammen.
Die Evolution der Landlebewesen schritt voran - nach dem Auftauchen der Amphibien begannen sich die ersten Reptilien zu entwickeln.

   

Zusammenprall mit Folgen

Vor 340 Millionen JahrenDie ungeheuren Kräfte beim Zusammenstoß der Kontinente haben Spuren hinterlassen, die auch nach 340 Millionen Jahren im Mittelrheintal noch deutlich sichtbar sind. Durch den enormen Druck wurden die am Meeresgrund zwischen den Erdplatten gelegenen Gesteinsschichten in Falten zusammen und schließlich übereinander geschoben.
Der Rhein hat diese Falten frei gelegt, indem er sich sein enges Tal in das Rheinische Schiefergebirge gegraben hat.

  

Dem Druck gewichen

Vor 340 Millionen JahrenDie am Wechsel der Farben und der Kornstruktur erkennbare Schichtung der devonischen Gesteine ist das Ergebnis unterschiedlicher Ablagerungsbedingungen im Meer. Küstennah setzten sich Sandkörner am Meeresboden ab, aus denen die rötliche oder graue Sandsteine und Quarzite entstanden. Die leichteren Tonpartikel wurden weiter ins Meer verfrachtet und später zu Tonsteinen verfestigt. Durch Schwankungen des Meeresspiegels wandelte sich häufig der Küstenverlauf, so dass sich am gleichen Ort zeitweise gröbere, dann wieder feinere Sedimente am Meeresgrund ablagerten.
Die Schieferung hingegen ist Ausdruck einer mechanischen Beanspruchung durch seitliche Pressung und Verfaltung von Gesteinen. Sie ist erst beim Zusammenstoß der Kontinente entstanden. In feinkörnigen Gesteinen wie Tonen bilden sich unter der dem enormen Druck senkrecht zur Hauptdruckrichtung Scherflächen. Diesen Prozess nennt man Schieferung. Entlang dieser Scherflächen sind die Schiefer leicht zu spalten. Man kann aus ihnen dünne Platten gewinnen, beispielsweise zum Decken von Dächern.


Standbild 290 Millionen Jahre vor heute

Vor 290 Millionen Jahren

Die sich an die Schließung des Devonmeeres anschließende Kontinent-Kontinent-Kollision führte zu einer Heraushebung des variskischen Faltengebirges.
Als Reaktion auf die Heraushebung des Gebirges entstanden innerhalb des Gebirges Senkungsgebiete.
Darin sammelte sich der bis mehrere Kilometer mächtige Abtragungsschutt aus den umliegenden Bergen.
Die Tierwelt des Landes war mittlerweile durch Reptilien dominiert.
  

Geburt eines Gebirges

Vor 290 Millionen JahrenIm vorangegangenen Zeitalter des Karbons waren die Gesteine des Meeresbodens durch den Zusammenstoß der Kontinente in Falten gelegt und übereinander geschoben worden. Da sich die Bewegung der Erdplatten fortsetzte, wichen die gefalteten Gesteinsformationen dem Druck nach oben aus. Dadurch wurden sie über den Meeresspiegel emporgehoben, das Meer wich zurück - das Rheinische Schiefergebirge, das heute die imposante Kulisse am Binger Loch bildet, entstand.
Schließlich zerbrachen die Schichten unter dem anhaltenden Druck, Bruchstücke rutschten ab. So entstanden ausgedehnte Senkungsgebiete. In ihnen sammelte sich das Wasser und mit ihm der Abtragungsschutt aus den umliegenden Bergen. Da der Prozess des Absinkens einzelner Bruchstücke anhielt, wurden im Lauf der Jahrmillionen in den Senkungszonen Sedimente von mehreren Kilometern Mächtigkeit angehäuft und schließlich zu Gestein verfestigt. Eine solche Zone bildet die Nahesenke südlich von Bingen.

Urgewalten der Natur

Vor 290 Millionen JahrenRheinland-Pfalz lag während des Karbons in Äquatornähe. In dem tropisch-feuchten Klima wuchsen die Wälder, aus denen später die Kohlenflöze des Ruhrgebietes und des Saarlandes entstanden.
Im Perm wird das Klima mit der Verlagerung der Kontinente nach Norden zunehmend trockener. Das Landschaftsbild ist geprägt von Seen, Playas (Salzseen und ‑pfannen) und Flüssen mit wechselhafter Wasserführung. Dieser Zustand ist in den Gesteinen im Nahetal südlich von Bingen hervorragend dokumentiert. In den Flüssen und Seen kommt der Abtragungsschutt des aufsteigenden Schiefergebirges zur Ablagerung. Am Talausgang der Gebirgsbäche bilden sich wegen der nachlassenden Transportkraft der Bäche Schwemmfächer aus Gesteinsblöcken, Kies und Sand. Die Flüsse im Absenkungsgebiet nehmen das Material auf und verteilen es im Becken. Die gelb-rot-braunen Farben der Ablagerungen sind auf oxidierte (verrostete) Eisenabscheidungen zurückzuführen. Das Zerbrechen des Gebirges hat intensiveren Vulkanismus zur Folge, der in der Naheregion großflächig vulkanische Gesteine hinterlässt.


Standbild 30 Millionen Jahre vor heute

Vor 30 Millionen Jahren

Für die Zeit von 280-50 Mio. Jahre vor heute sind in der Region von Bingen keine Zeugnisse der geologischen Vergangenheit erhalten. Deshalb gibt es hier keine gesicherten Erkenntnisse zu den Geschehnissen in dieser Zeit.
Vor 50 Mio. Jahren begann der Oberrheingraben einzusinken. Vor etwa 30 Mio. Jahren bestand dann über den Oberrheingraben und die Hessische Senke eine Meeresstrasse zwischen Mittelmeer und Nordsee.
Zeitweise wurden sogar weite Teile von Hunsrück und Taunus vom Meer überflutet.
Nach dem Aussterben der letzten Dinosaurier begann im Tertiär die Entwicklung der Säugetiere.

An der Meeresküste

Vor 30 Millionen JahrenWährend des Tertiär bestanden zeitweise Meeresstrassen nach Norden in das von der Nordsee überflutete Norddeutschland und, zum Teil gleichzeitig, nach Süden in das damals noch bestehende Molassebecken und somit letztendlich zum Mittelmeer.
Die Landschaft um Bingen war somit nach etwa 250 Mio. Jahren erneut zur Küstenregion geworden. Das tertiäre Meer brandete im Norden an Hunsrück und Taunus und überflutetet diese Gebirge zeitweise. Im Süden war der Küste eine Inselkette aus vulkanischen Gesteinen des Perm vorgelagert. Noch heute überragen südlich von Bingen diese ehemaligen Inseln das jetzt zu Land gewordene einstige Meeresbecken.

Subtropische Küstenlandschaft

Vor 30 Millionen JahrenEine typisch subtropische Küstenlandschaft, wie wir sie heute von den Küsten Mittelamerikas, Zentralafrikas und Südostasiens kennen, gab es vor etwa 30 Mio. Jahren in ähnlicher Form im Raum Bingen. Seekühe und Haie durchstreiften das warme Meer, dessen Wellenschlag an der Küste zu Abtragung und zu Ablagerung von Sanden, Kiesen und Geröllen geführt hat. Im tieferen Wasser wurden feinere, tonige Sedimente abgelagert. In Rheinhessen sind viele Überreste der damaligen Meeresbewohner als Fossilien in den Ablagerungen des Meeres zu finden.
Zeitweise überflutete das Tertiärmeer auch den Hunsrück und Taunus. Allerdings sind dort bisher keine vergleichbaren Fossilienfunde bekannt. Vermutlich konnten aufgrund des geringeren Kalkgehaltes der dortigen Meeresablagerungen keine Skelette die Jahrmillionen überdauern.


Vor 2 Millionen Jahren

Von den Eiszeiten gezeichnet

Vor 2 Millionen JahrenDas Quartär ist durch die Eiszeiten geprägt. Im noch jungen Rheintal – der Fluss war vor etwa 15 Mio. Jahren im ausgehenden Tertiär entstanden – herrschten zeitweise Bedingungen, wie wir sie heute nördlich der Baumgrenze am Polarkreis finden.
In relativ kurzer Zeit wechselten sich mehrere Kalt- und Warmzeiten ab. Dadurch änderte sich jeweils die Wasserführung der Flüsse. Während der Kaltzeiten war Wasser als Schnee und Eis gebunden. Die Flüsse konnten nur wenig Geröll mit sich führen und lagerten daher in ihrem Bett mächtige Schotterdecken ab. In Warmzeiten tauten Gletscher und Schnee, die Flüsse führten viel Wasser. Nun hatten sie eine enorme Erosionskraft und konnten die während der Eiszeiten abgelagerten Schotter wieder abtransportieren.
Auch im Rheintal wechselten sich Phasen der Ablagerung und der Abtragung. Bedingt durch die fortdauernde Hebung des Gebirges grub sich der Fluss während der Warmzeiten rasch in sein eigenes Schotterbett und weiter in das darunter liegende Schiefergebirge ein. So kommt das Rheintal zu seiner markanten Form. 

Jung und markant

Vor 2 Millionen JahrenIm Rheintal finden sich Verebnungen alter Talböden mit Resten von Flussablagerungen in unterschiedlichen Höhenlagen. Bedingt durch die Hebung des Rheinischen Schiefergebirges nimmt das Alter dieser Flussterrassen von oben nach unten ab: Die höchstgelegenen Flussablagerungen sind somit die ältesten, das imposante Engtal ist eine sehr junge Erscheinung. Erst vor etwa 700.000 Jahren begann der Rhein, dieses markante Tal zu bilden. Durch den raschen Anstieg des Gebirges schneidet sich der Fluss immer tiefer in die Landschaft ein.
Die Hänge und Verebnungsflächen des Rheintals sind in weiten Bereichen von Löss bedeckt. Es handelt sich dabei um teilweise mehrere Meter dicke Ablagerungen von Staub, der während der letzten Eiszeit vom Wind aus den Schottern des Rheintals ausgeblasen und abtransportiert wurde. In Hanglagen sind auch Ablagerungen aus verwittertem Felsmaterial zu finden, das während der Eiszeiten vom Frost gesprengt wurde.


Standbild die Erde heute

heute

Die heutige Lage der Kontinente ist Ursache für die in der gesamten Erdgeschichte einmalige Situation, dass beide Polregionen vereist sind.
Seit etwa 5 Mio. Jahren wurde das derzeitige Landschaftsbild gestaltet. Die Flüsse begannen sich auf das heutige Talniveau einzuschneiden und lagerten dabei ihre Fracht aus Sand- und Geröll ab.
Während der Kaltzeiten wurden von Stürmen Sand- und Staubsedimente abgelagert sowie mächtige Frostverwitterungsdecken gebildet.


Interaktive Felder und KartenIm Geochronos lässt sich jedoch nicht nur durch die geologischen Zeitalter der Jahrmillionen streifen, sondern es gibt auch die Möglichkeit in verschiedenen historischen Karten dieser Region aus den letzten zwei Jahrhunderten zu stöbern. Anhand von interaktiven Feldern auf den Karten lassen sich viele spannende und wissenswerte Informationen über besondere Örtlichkeiten abrufen.