Der Kupferne, Silberne und Goldene Sonntag in Bingen

„Wählen wir mit Verstand und schenken wir mit dem Herzen“

Die Salzstraße mit Lichterketten ca. 1970.Als im Dezember in Rheinland-Pfalz noch verkaufsoffene Sonntage erlaubt waren, gab es in Bingen am 2., 3. und 4. Advent den “Kupfernen“, den „Silbernen“ und den „Goldenen Sonntag“. Nicht nur die Binger sondern auch die Region nutzte die Sonntagnachmittage für ihre Weihnachtseinkäufe.

Besonders die Kinder aus dem Umland freuten sich, wenn die Eltern an einem dieser Sonntage mit ihnen nach Bingen fuhren. Die Lichterketten in den Straßen, die weihnachtliche Dekorationen und die prall gefüllten Schaufenster waren damals ein echtes Event-Erlebnis. Dazu gehörten auch die Kasperletheater-Vorführungen im großen Saal des Mainzer Hofs. Nach der Vorstellung wurden sie dort von den Eltern wieder abgeholt. In der Zwischenzeit konnten diese unbeobachtet vom Nachwuchs Geschenke besorgen.

Werbeanzeigen aus AZ vom 20.12.1952.Für die jüngeren war es unabdingbar, einen oder auch mehrere Wunschzettel persönlich beim Nikolaus abzugeben, damit sie dort vom Christkind abgeholt wurden. Das passierte im Kaufhaus Pool. Auf einem größeren mit allerlei weihnachtlichen Accessoires dekorierten Podest drehte eine große Eisenbahn ihre Runden.

Auf einer Wolke stand ein goldener „Himmelsstuhl“ auf dem ein gütig aussehender Nikolaus im Bischofsgewand thronte. Ein kleines Förderband transportierte die Wunschzettel der Kinder zu ihm hinauf. Er öffnete Zettel für Zettel, schaute darauf und nickte freundlich mit dem Kopf zu dem Kind. Den Wunschzettel legte er hinter sich in einen Korb, damit er dort vom Christkind abgeholt wurde. „Wir haben immer gehofft, einen Blick auf das Christkind zu erhaschen, wenn es die Zettel abholte“ erinnern sich Augenzeugen „doch es sei zu klug, um sich dabei von Kinderaugen sehen zu lassen“ erzählten uns die Eltern.  

Der Text für den Goldenen Sonntag aus dem Jahre 1952 zeigt uns, dass sich die Wünsche damals eher um praktische Geschenke bewegten. Aber die Empfehlung zu Ende des Artikels ist auch 70 Jahre später noch aktuell: „Wählen wir mit Verstand und schenken wir mit dem Herzen“.

Artikel aus Allgemeine Zeitung vom 20.12.1952.